Regionalbudget V 

Beschreibung

Förderprogramm "Regionalbudget V 2012 - 2014

Beschäftigungsperspektiven eröffnen - Regionalentwicklung stärken

Das Regionalbudget hat sich in der Landeshauptstadt Potsdam als fester Bestandteil der aktiven Arbeitsmarktpolitik etabliert. Seit 2005 werden im Rahmen dieses ESF-Förderprogramms Projekte, insbesondere für langzeitarbeitslose Menschen, umgesetzt.

Das Förderprogramm "Regionalbudget V" beinhaltet folgende Schwerpunktziele:

  • die Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung von arbeitslosen Frauen und Männern, einschließlich Nichtleistungsbeziehenden
  • die Verbesserung der sozialen Eingliederung von arbeitslosen Frauen und Männern, einschließlich Nichtleistungsbeziehenden
  • die Anregung von Akteurskooperationen und Netzwerkbildung vor Ort

Teilprojekte des Regionalbudget V sind:


Beitragsbild

"Sprungfeder" - ein Projekt für Jugendliche unter 25 Jahre

 

Zeitraum: 01.03.2012 – 31.08.2013

Den Absprung schaffen

Das Projekt „Sprungfeder“ verhilft Jugendlichen zum Einstieg ins Berufsleben

Obwohl in der Region Lehrstellen unbesetzt bleiben und Unternehmen zunehmend über Fachkräftemangel klagen, ist die Zahl langzeitarbeitsloser Jugendlicher in Potsdam in den vergangenen Jahren nahezu stabil geblieben. „Oft liegt das an unterdurchschnittlichen Noten, fehlenden Schulabschlüssen, unzureichender beruflicher Orientierung oder am mangelnden inneren Antrieb“, sagt Karin Hendrich vom Verein für Arbeitsmarktintegration und Berufsförderung (AIB). Sie leitete das Projekt „Sprungfeder“, das langzeitarbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren beim Einstieg ins Berufsleben unterstützt hat.

Das für 40 Jugendliche vorgesehene Projekt erstreckte sich über 18 Monate und startete im März 2012 mit zunächst 20 Teilnehmenden. Zwei Monate später kamen weitere 20 Jugendliche hinzu. Bereits im August lagen die ersten Ausbildungs- und Arbeitsverträge vor. Mit einem Vermittlungserfolg von 54 Prozent liegt die „Sprungfeder“ weit über der angestrebten Vermittlungsquote von 30 Prozent. „Das ist das Ergebnis intensiver und individueller Betreuung“, ist  die Projektleiterin überzeugt.

In den ersten zwei Monaten stand ein berufsvorbereitendes Training im Mittelpunkt. Über Kompetenzanalysen lernten sich die Teilnehmenden selbst besser kennen und absolvierten ein Bewerbungstraining. Auch Biografie-Arbeit spielte eine wichtige Rolle. „Viele glauben, sie hätten in der Zeit der vergeblichen Ausbildungs- oder Arbeitssuche nichts geleistet“, so Hendrich. In den individuellen Gesprächen mit den drei Projektmitarbeitern zeigte sich oft, dass viele durchaus qualifizierende Tätigkeiten vorweisen konnten, etwa eine geringfügige Beschäftigung, private Renovierungsarbeiten oder Babysitting. „Plötzlich sehen sich die Jugendlichen mit ganz anderen Augen.“ So habe sich ein arbeitsloser Mediendesigner, der sich in seiner Familie viel um die jüngeren Geschwister gekümmert hatte, zur Erzieher-Ausbildung entschlossen.

Der schulische Hintergrund der Teilnehmenden reichte vom schwer vermittelbaren Förderschüler bis zum orientierungslosen Abiturienten und beruflich vom Ungelernten über den mehrfachen Ausbildungsabbrecher bis hin zum Facharbeiter. Defizite im Grundlagenwissen und in den Schlüsselqualifikationen, besonders in den sozialen Kompetenzen, seien durch entsprechende Qualifizierungsmodule aufgefangen worden. „Um berufsbezogene Defizite bei einzelnen Jugendlichen zu beheben, haben wir eng mit dem Fallmanagement des „Jugendteams“ im Jobcenter zusammengearbeitet“, sagt Hendrich.

Individuelle soziale Problemlagen wie Schulden, verdeckte Obdachlosigkeit, gesundheitliche Fragen und Probleme mit den Eltern oder Partnern hemmten die Teilnehmenden oft bei der Aufnahme einer Ausbildung oder Arbeit. „Es brauchte Vertrauen, um sie zu benennen und Zeit, um sie aufzuarbeiten“, beschreibt Hendrich die sozialpädagogische Arbeit. Hilfreich sei dabei die enge Zusammenarbeit des AIB mit sozialen Einrichtungen der Stadt gewesen.

In der nachfolgenden betrieblichen Trainingsphase suchte das Sprungfeder“-Team gezielt nach passgenauen Praktikumsstellen. Ronny Rutner verhalf das betriebliches Praktikum in einer Bäckerei zu seinem Ausbildungsvertrag. „Es macht unglaublich viel Spaß“, sagt der 23-Jährige. Das vierwöchige Praktikum sei rasend schnell vorbeigegangen. Den Vertrag hatte er schon nach zwei Wochen in der Tasche. Mit einem Hauptschulabschluss, einem gescheiterten Versuch, die zehnte Klasse nachzuholen, und mehrere gescheiterten Ausbildungen war er vier Jahre lang arbeitslos gewesen. „Das hat mich unheimlich runtergezogen“, sagt er. An der „Sprungfeder“ gefielen ihm besonders die persönlichen Gespräche, die familiäre Stimmung und die Gruppendynamik. „Uns wurde echt geholfen. Wir haben viel vermittelt bekommen und wurden wieder aufgebaut.“ Sein Fazit: „Das war entscheidend. Von allein kommt man aus dem Teufelskreis der Faulheit nicht heraus.“

Teilnehmende, die kein betriebliches Praktikum oder eine Weiterbildung machten, qualifizierten sich in gemeinwohlorientierten Projekten weiter. „Uns war es wichtig, das Selbstwertgefühl, das Selbstbewusstsein und die Motivation aller Jugendlichen zu fördern“, betont Hendrich. Ergänzend gab es wöchentliche Gruppentreffen, in denen Praktika und Bewerbungsgespräche ausgewertet wurden. Außerdem fanden Betriebsbesichtigungen in unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen, Veranstaltungen zu körperlicher Fitness und gesunder Ernährung sowie Exkursionen statt.

Auch Jugendliche, die eine Ausbildung oder Arbeitsstelle angetreten waren, konnten weiterhin auf den Rückhalt durch das „Sprungfeder“-Team zählen. In einer sechsmonatigen „Arbeitsphase“ blieben die Projektmitarbeiter mit den Teilnehmenden und deren Ansprechpartnern in den Unternehmen in Kontakt. Hendrich: „Dank dieser Nachbetreuung konnten wir im Konfliktfall alle Partner an einen Tisch holen und einige Male eine Kündigung verhindern.“

"Potsdamer Expertenpool 50plus" - ein Projekt für Menschen über 50 Jahre

 

Zeitraum: 01.03.2012 – 30.04.2013

Experten in eigener Sache

Der „Potsdamer Expertenpool 50plus“ setzt auf die Kompetenzen der Älteren

„Wer freiwillig kommt, bringt mehr Motivation mit.“ Davon ist Dr. Ingrid Witzsche überzeugt. Die Vorsitzende des Fördervereins Akademie der 2. Lebenshälfte im Land Brandenburg hat das Projekt „Potsdamer Expertenpool 50plus“ geleitet, dass Frauen und Männern ab 50 Jahren bei ihrem Wiedereinstieg ins Berufsleben unterstützt hat. Es richtete sich an interessierte Arbeitslose, egal ob Leistungsempfänger oder nicht.

Das Projekt begann am 1. März 2012 mit einer Gruppe von rund 20 Teilnehmenden. Am 1. April und am 1. Mai starteten zwei weitere Gruppen. Dieser zeitversetzte Beginn ermöglichte es Witzsche und ihrer Kollegin Eva Gehltomholt, einen persönlichen Kontakt zu den insgesamt 59 Teilnehmenden aufzubauen. Für das Projekt hatte der Verein einen Projekt-Laden in Potsdam-Nord angemietet. „Damit konnten wir die Arbeitslosen aus ihren Sozialräumen herausholen und ihnen einen Entwicklungsraum der Stadt in schöner Natur näherbringen“, so Witzsche.

Zunächst führten die beiden Pädagoginnen mit den Teilnehmenden sogenannte Kompetenzinterviews. „Fast alle erzählten begeistert von der Zeit ihrer Berufstätigkeit. Die Älteren haben die Arbeit als Wert erlebt“, sagt Witzsche. „Sie sind Experten auf ihrem Gebiet und haben Krisen bewältigt.“ Dennoch hatten viele nach langen Phasen der Arbeitslosigkeit das Gefühl, nichts zu können und litten unter dem Gefühl, nicht gebraucht zu werden.

Die folgenden sechs Monate verbrachten die Teilnehmenden mit kognitivem Training, PC-Training, Kursen in Bewegung und Ernährung, Entspannung und Kommunikation und individuellen Coachings. Witzsche ließ allen möglichst viele Wahlmöglichkeiten. „Wer selbst entscheiden kann, ist engagierter bei der Sache und wird auch selbstbewusster“, ist ihre Erfahrung.

Nach der Trainingsphase begannen Praktika und andere Formen der Unternehmenskontakte sowie die Projektarbeit. Eine Gruppe machte zunächst sich selbst und dann die Bewohner eines Seniorenheims mit der Spielekonsole Wii und einem Tablet-PC vertraut. Eine andere Gruppe bereitete einen Stand zum Thema „Lebenskunst im Alter“ für die Veranstaltung „Stadt für eine Nacht“ in der Schiffbauergasse vor. Die Gruppe Öffentlichkeitsarbeit organisierte einen Runden Tisch zur Nutzung der Potenziale älterer Arbeitsloser in Potsdam. Außerdem entstanden ein Wegweiser für Angehörige von Demenzkranken und eine eigene Homepage über den „Expertenpool 50plus“ (www.pep50plus.de).

Das Projektteam „Vermittlungsstrategen“ übernahm die Rolle der Jobvermittler. Es entwickelte die Profile der anderen Teilnehmenden, knüpfte Kontakte zur Arbeitgeberbranche und gab Stellengesuche auf. „Diese Umkehrung der Verantwortung eröffnete den Teilnehmenden völlig neue Blickwinkel“, sagt Witzsche. Mit 60 Jahren aufwärts noch einen Job zu finden, gelinge vor allem in Branchen mit Fachkräftemangel. So gelang es einer 62-jährigen Erzieherin, wieder eine Festanstellung zu bekommen Einige arbeitssuchende ältere Migrantinnen fanden Jobs als Servicekräfte bei der Schlösserstiftung.

Zwei Teilnehmerinnen haben Geschmack am Bundesfreiwilligendienst gefunden. Eine von ihnen ist Karin Dill. Der 60-jährigen Diplom-Mathematikerin war mit Anfang 50 betriebsbedingt gekündigt worden. Danach wurde sie krank und entwickelte eine regelrechte Abneigung gegen alles, was mit ihrem Job in der IT-Branche zu tun hatte. Zum „Potsdamer Expertenpool 50plus“ kam sie, um wieder unter Menschen zu kommen und um gefordert zu werden. „Ich habe jetzt wieder mehr Selbstvertrauen gewonnen und PC-Arbeit ist für mich auch wieder ok“, sagt sie. Seit Sommer ist sie „Bufdi“. „Darüber bin ich sehr glücklich“. Das regelmäßige Arbeiten tue ihr gut. „Ich kann mir auch gut ein Ehrenamt vorstellen.“

„Oft scheitern die Teilnehmenden an ihren vielfältigen gesundheitlichen Problemen und der fehlenden Belastbarkeit, denn Fitness, Schnelligkeit und Multitasking werden fast überall auf dem Arbeitsmarkt gefordert“, so Witzsche. Bei vielen hatte die lange Zeit der Erwerbslosigkeit auch psychisch Spuren hinterlassen, die erst im Laufe des Projektes offensichtlich wurden. „Für diese immer größer werdende Gruppe müssen andere Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden“, sagt Witzsche. Dies sei auch ein Ergebnis des Runden-Tisch-Gespräches mit Politikern, Arbeitgebern und Partnern gewesen.

Das Ziel, mindestens 30 Prozent der Projektteilnehmenden in Arbeit zu vermitteln, wurde mit dem Projekt nicht erreicht. Witzsche: „Gestärkt und motiviert für ein aktives Leben wurden jedoch fast alle.“ Zwei Gruppen treffen sich noch regelmäßig und unternehmen gemeinsam etwas. Elf Teilnehmer fanden eine sozialversicherungspflichtige Arbeit. Andere haben neue Aufgaben im Ehrenamt gefunden.

"Erfolg durch Tandem" - ein Projekt für Jung und Alt

 

Zeitraum: 01.05.2012 – 31.05.2013

Erfolg durch Erfahrungsaustausch

Erwerbslose aller Generationen helfen sich im Projekt „Tandem I“ bei der Jobsuche

Ein Geben und Nehmen zwischen den Generationen war das Ziel des Projektes „Erfolg durch Tandem und Verbund“ der Urania Schulhaus GmbH. Insgesamt 60 Langzeitarbeitslose zwischen 18 und 63 Jahren nahmen an dem 13-monatigen Projekt teil, das im Mai 2012 begann. „Wir haben mitgelernt“, sagt Albrecht Teichert rückblickend. Seine Kollegin Eurydike Fischer nickt. Die 35-jährige Sozialpädagogin und der 57-jährige Projektleiter mit 30 Jahren Berufserfahrung im Bauwesen ergänzen sich hervorragend. „In Gesprächen mit den Teilnehmern hat jeder seinen Part“, sagt Fischer. Sie spreche eher mal unbequeme Wahrheiten aus, Teichert sei eher der geduldige  Zuhörer und Ratgeber. „Das war oft sehr hilfreich.“

So unterschiedlich wie Fischer und Teichert sind, so unterschiedlich waren auch die Projektteilnehmenden. Die Bandbreite reichte vom Schulabbrecher bis zum Hochschulabsolventen. „Der Zusammenhalt der Gruppe war sehr gut und hält immer noch an“, sagt Fischer. Das Ziel, mindestens 35 Prozent der Teilnehmenden in Arbeit oder Ausbildung zu vermitteln, wurde sogar leicht übertroffen. Und: „Es gab einen ganz geringen Krankenstand. Wer fehlen musste, hat sich immer ganz korrekt entschuldigt - ein gutes Zeichen.“

Die Ausgangsidee, die unterschiedlichen Erfahrungen und Fähigkeiten verschiedener Generationen zu nutzen, hat funktioniert. „Die Älteren brachten viel Lebens- und Berufserfahrung mit, die Jüngeren hatten die besseren Computer-Kenntnisse“, sagt Teichert. „Das Geben und Nehmen funktioniert aber nur, wenn es sehr intensiv begleitet wird“, ergänzt Fischer. „Langzeitarbeitslosigkeit führt schnell zu einem Inseldasein.“ Der Umgang mit anderen musste wieder geübt werden.

In den ersten drei Monaten des Projektes führten Fischer und Teichert intensive Einzelgespräche, um mit den Projektteilnehmenden nach sinnvollen beruflichen Perspektiven zu suchen. Diese waren während des Projektes mindestens 20 Stunden pro Woche eingebunden. Das gewährleistete einen strukturieren Tagesablauf. Alle lernten ein breites Spektrum an Berufen und Tätigkeitsbereichen kennen, konnten sich ausprobieren und orientieren. „Wir haben Kontakte zu Firmen in den Berufsfeldern Holz, Farbe, Trockenbau, Bau, Lager und Logistik, Elektronik, Kfz, Sekretariat, Gebäudereinigung und Verkauf“, zählt Teichert auf. Außerdem halfen das Zentrum für Aus- und Weiterbildung Ludwigsfelde (ZAL) GmbH und die Gesellschaft für berufliche Aus- und Weiterbildung (GBA) GmbH in Potsdam mit, Praxiserfahrungen zu vermitteln.

„Das war ein tolles Projekt. Die Dozenten waren gut und haben sich unheimlich gekümmert“, sagt Ralph Weltzer. Der 32-jährige gelernte Florist war viele Jahre arbeitslos. Durch das „Tandem“-Projekt kam er auf die Idee, einmal in eine andere Richtung zu gehen und probierte sich im Bereich Altenpflege aus. Inzwischen hat er einen Pflegehelferkurs erfolgreich abgeschlossen und arbeitet seit vier Monaten als Pflegehelfer. „Toll war, dass die Betreuer nicht aufgegeben haben.“

Praktika und Arbeit auf Probe waren Möglichkeiten herauszufinden, in welche berufliche Richtung, es für jeden Einzelnen gehen sollte. Auch die Exkursionen etwa zu Katjes, ins Naturkundemuseum oder zu den VIP-Verkehrsbetrieben, waren nicht nur interessant, sondern dienten auch dazu weitere Berufsfelder kennenzulernen. Weiter günstige Nebenaspekte: Die Gruppenbildung und die regionale Bindung wurden gestärkt. Auch die Gesundheit profitiert von Aktivität.

„Das klingt zunächst vielleicht merkwürdig“, sagt Fischer. Aber viele Langzeitarbeitslose würden aus Resignation und Geldmangel weder am Stadtleben teilnehmen noch  Freizeitaktivitäten nachgehen. Sie meldete die Gruppe deshalb im benachbarten Fitness-Studio an. „Anfangs war keiner begeistert, nachher wollten sie nicht mehr aufhören“, sagt sie. Außerdem besuchte die Gruppe die Stadt- und Landesbibliothek, den Landtag, den RBB, die Gedenkstätte Lindenstraße, den Wissenschaftspark Golm und die Ausstellung „König und Kartoffel“.

Bei den gemeinsamen Lern-, Trainings- und Arbeitsprozessen lernen sich die Teilnehmenden nicht nur gegenseitig kennen, sondern auch achten. „Die Älteren sehen die Dinge oft gelassener und strahlen Ruhe aus. Sie kennen die Grundregeln der Höflichkeit, besitzen eine bessere Ortskenntnis und haben eine höhere Allgemeinbildung“, hat Fischer bemerkt. Eine junge Frau, die anfangs „bei jeder Gelegenheit explodiert“ sei, habe sich davon etwas abgeguckt und ihr Verhalten geändert. „Sie hat inzwischen eine Ausbildung zur Verkäuferin gemacht und die Prüfung bestanden“, so Fischer. Und was sie noch mehr freut: „Taucht ein Problem auf, ruft sie uns immer gleich an.“

"Reboot" - ein Projekt für erwerbsfähige Arbeitslose mit psychischen Vorerkrankungen

 

Zeitraum: 01.06.2012 – 31.05.2013

Arbeit als Medizin

„Reboot“ bietet Langzeitarbeitslosen mit psychischen Vorerkrankungen neue Chance

Regelmäßig zu arbeiten, scheint Wunder zu bewirken. „Ein strukturierter Arbeitsablauf, die Wertschätzung von Vorgesetzten und Kollegen und das Gefühl, gebraucht zu werden, tragen oft wesentlich zum Genesungsprozess psychisch kranker Menschen bei“, sagt Detlef Schröder von den gemeinnützigen AKTIVA Werkstätten im Oberlinhaus. Schröder, seit vielen Jahren für die AKTIVA Werkstätten aktiv, hat das Projekt „Reboot“ geleitet. Erwerbsfähige langzeitarbeitslose Potsdamerinnen und Potsdamer mit psychischen Vorerkrankungen sollten binnen zwölf Monaten in den regionalen Arbeitsmarkt integriert werden. Projektstart war im Juni 2012.

Die Idee für das ungewöhnliche Vorhaben war in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ZPPP) am Klinikum Ernst-von-Bergmann entstanden. ZPPP-Chefarzt Dr. Christian Kieser war auf der Suche nach einem passenden Projekt für seine Patienten. Die AKTIVA Werkstätten, die bereits über langjährige Erfahrungen mit psychisch Kranken im sogenannten geschützten Bereich verfügten, wagten den Schritt. Langzeitarbeitslose, die trotz psychischer Beeinträchtigung arbeitsfähig sind, sollten nach ihren Möglichkeiten und Wünschen die Realität der Arbeitswelt erleben.

„Wir arbeiten nach dem Router-Prinzip erst platzieren, dann qualifizieren“, erklärt Schröder. Zu Beginn der Qualifizierung wurde geklärt, welche inklusiven Beschäftigungsmöglichkeiten möglich waren. Dabei half der Kooperationspartner Füngeling Router GmbH aus Köln. Der Inklusionsdienstleister baut seit Jahren eine Brücke zwischen den Werkstätten und der Arbeitswelt. Um die Teilnehmenden nicht zu überfordern, steigerten sich die Arbeitszeiten allmählich von zwei auf sechs Stunden täglich.

Die beiden „Reboot“-Jobcoaches Simone Neubauer und Ute Raddatz halfen den insgesamt 25 Teilnehmenden zwischen 22 und 56 Jahren, die über das Jobcenter zum Projekt kamen, zunächst bei der Profil-Ermittlung. Sie bereiteten sie auf Vorstellungsgespräche vor und akquirierten passgenaue Beschäftigungsmöglichkeiten in Potsdam. „Dafür brauchten wir Unternehmen mit Herz und sozialem Engagement“, sagt Raddatz, hauptberuflich Büroleiterin beim Regionalverband Potsdam des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft. Neubauer lobt die Offenheit der angefragten Unternehmen. Die Stadtverwaltung, die Universität, der Potsdamer Chemiehandel, das Inselhotel, die Schlösserstiftung und die Potsdamer Verkehrsbetriebe sind nur einige Beispiele von Unternehmen, die den Teilnehmenden eine Chance gaben. 

Raddatz und Neubauer bereiteten die zukünftigen Arbeitskollegen und Chefs auch auf die Besonderheiten der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. „Viele hatten Depressionen, Psychosen, litten unter Angst- oder  Persönlichkeitsstörungen“, erzählt Neubauer. „Wer psychisch nicht stabil ist, ist oft sehr empfindlich und reagiert ganz anders auf Stress oder Konflikte im Berufsalltag. Das muss die Belegschaft wissen.“ Außerdem gebe es immer eine Rückfallgefahr, auf die hingewiesen werden müsse.

Die zwei- bis vierwöchige Vermittlungsphase auf ihren Trainingsarbeitsplatz überbrückten die Teilnehmenden in den AKTIVA Werkstätten, in der Oberlinklinik, dem Berufsbildungswerk, der Wirtschafts- Verwaltungs- und Service GmbH und den Lebenswelten im Oberlinhaus. Es folgte eine begleitete dreimonatige Probe- und Qualifizierungszeit, nach der die Teilnehmenden immer selbstständiger arbeiteten. Einige von ihnen schafften es, sich dort einen Ausbildungs- oder sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu erarbeiten.

Unter den Projektteilnehmenden waren sowohl Schulabbrecher und Ungelernte als auch  Abiturienten und Akademiker. „Manche hatten schon mehrere abgebrochene Aus- oder Weiterbildungen hinter sich“, sagt Neubauer. Gründe für das Scheitern gebe es viele. „Die Eigen- und die Fremdwahrnehmung liegen oft sehr weit auseinander.“ Selbstüberschätzung sei ebenso hinderlich wie mangelndes Selbstvertrauen oder übermächtige Angst vor dem eigenen Versagen. „Das führt manchmal dazu, dass Teilnehmende kurz vor  Vertragsabschluss plötzlich zusammenbrechen“, so Schröder.

Überhaupt lassen sich die Erfolge des Projektes nicht allein an der Vermittlungsquote ablesen. Dass die Teilnehmenden überhaupt mitmachen, sei schon ein Erfolg. Zwei von ihnen haben sich inzwischen eine eigene Wohnung gesucht und wollen eine Ausbildung machen. Schröder: „Die kommen zwar in der Erfolgsstatistik nicht vor, sind aber selbstständiger geworden und wissen nun, welchen Weg sie einschlagen wollen. Das freut uns sehr.“

"Duale Qualifizierung für Alleinerziehende und junge Eltern"

 

Zeitraum: 01.05.2012 – 28.02.2013

Miteinander zum Erfolg

Jobcoaching und soziale Teilhabe für Alleinerziehende und junge Eltern

„Die phlegmatische Haltung mancher Teilnehmenden war eine der größten Hürden“, sagt Christiane Mutrack über das Projekt „Duale Qualifizierung für Alleinerziehende und junge Eltern – Jobcoaching und soziale Teilhabe“ der Urania Schulhaus GmbH. Gemeinsam mit Projektleiter Heiko Sehm hat sich die Pädagogin von Dezember 2012 bis Februar 2014 dafür eingesetzt, den 20 Teilnehmenden die Rückkehr auf den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das Projekt richtete sich an Alleinerziehende und junge Eltern, die länger als ein Jahr arbeitslos waren. Innerhalb der Projektlaufzeit wurden fünf Teilnehmende erfolgreich in Ausbildung oder Arbeit vermittelt, drei weitere haben berufliche Weiterbildungen mit Aussicht auf Festanstellung begonnen.

„Bei jungen Frauen erfolgt der Ausstieg aus dem Arbeitsleben bzw. einer Ausbildung sehr häufig über die Mutterschaft“, sagt Mutrack. Die nachfolgende Erziehungsphase der Kinder erschwere die Rückkehr ins Berufsleben. Oft reiche die berufliche Qualifikation nach längerer Pause nicht mehr aus oder sei einfach nicht mehr gefragt. In manchen Branchen sei es zudem besonders schwierig, die Arbeitszeiten mit den Kinderbetreuungszeiten zu vereinbaren. So auch bei Projektteilnehmerin Bianka Unkelbach. Die gelernte Restaurantfachfrau hätte gern wieder in ihrem eigentlichen Beruf gearbeitet. „Die Arbeitszeiten passten nicht zu meinem Leben mit Kind“, sagt die 35-jährige Alleinerziehende. Auch die Arbeit als Zimmermädchen in einem Hotel scheiterte an den Arbeitszeiten. Durch das Projekt kam sie auf die Idee, sich in den Bereich Hauswirtschaft und Pflege einzuarbeiten. Jetzt hat sie einen festen Arbeitsvertrag in einer Senioren-Wohnanlage.

„Viele Alleinerziehende resignieren, wenn sie es nicht schaffen, einen wohnortnahen Arbeitsplatz und eine geeignete Kinderbetreuung zu finden.“ Für den regionalen Arbeitsmarkt sei das eine regelrechte Ressourcenverschwendung, sagt Mutrack. „Alleinerziehende sind in der Regel verantwortungsbewusst, strukturiert, gut organisiert und effektiv.“ Oft fehle aber die Unterstützung durch ein funktionierendes soziales Umfeld.

Hier setzt das Projekt „Duale Qualifizierung für Alleinerziehende und junge Eltern“ an. „Wir nutzen im Sozialraum bestehende Strukturen und Kooperationen zu örtlichen und regionalen Unternehmen sowie zu Institutionen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, um die Teilnehmenden individuell zu beraten, zu qualifizieren und bei der Aufnahme einer Tätigkeit zu begleiten“, erklärt Projektleiter Sehm. Ziel sei es vor allem gewesen, die Motivation und Eigeninitiative der Teilnehmenden zu fördern. Das geschah oft auch durch Praktika.

„Wir arbeiten mit den Teilnehmenden auf Augenhöhe und suchen Arbeitsplätze, die zu ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen passen“, betont Mutrack. Das betreffe auch den zeitlichen Umfang. Die meisten suchten Stellen mit Arbeitszeiten zwischen 30 und 40 Stunden pro Woche, um finanziell unabhängig zu werden. „Das ist meist wegen der Kinderbetreuungszeiten nicht realisierbar.“

Das Projekt setzte auf eine duale Qualifizierung bestehend aus betrieblichen Erprobungen, beruflichen Qualifizierungsangeboten und dem Training sozialer Kompetenzen. In den PC- und Unterrichtsräumen des Urania Schulhauses konnten sich die Teilnehmenden etwa im Büro- und Sekretariatsbereich qualifizieren. Auch Partnerunternehmen wie die tbz gGmbH , die ZAL GmbH mit ihren Potsdamer Bildungsstätten sowie die GBA und die Diakonie standen für weitere Qualifizierungen zur Verfügung.

Das familienfreundliche Teilzeit-Projekt startete mit einer sechswöchigen Orientierungs- und Motivierungsphase, in der die überwiegend weiblichen Teilnehmenden in Kleingruppen ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen ermittelten und sich mit ihrer aktuellen Lebenssituation auseinandersetzten. Betriebliche Trainings und die Erprobung in mindestens zwei Berufsfeldern waren obligatorisch. Auch ein Kommunikationstraining und die Schulung in aktuellen PC-Anwendungen standen auf dem Programm. „Mir haben besonders die persönlichen Beratungen, vor allem beim Schreiben der Bewerbungen, und das Üben von Vorstellungsgesprächen geholfen“, sagt Unkelmann.

In der anschließenden Coachingphase ging es um die Stärkung des Selbstwertgefühls und um Möglichkeiten, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Trainingseinheiten wie Zeitmanagement, die Regelung des Arbeitsalltags und die Förderung von Kommunikations- und Argumentationstechniken waren dabei ebenso wichtig wie das Thema Erhalt oder Bildung eines persönlichen Sozialnetzwerkes. Dieser breitgefächerte Ansatz sei sehr sinnvoll, so Mutrack. „Die Verbesserung der sozialen Teilhabe ist eine wichtige Voraussetzung, um psychisch stabil zu bleiben und bei der Arbeitsplatzsuche erfolgreich zu sein.“

"Allianz für Menschen ohne Arbeit" - ein Netzwerk mit unterschiedlichen Akteuren aus der Wirtschaft und Gesundheit

 

Zeitraum: 01.04.2012 – 31.03.2014

Vernetzung auf allen Ebenen

Die „Allianz für Menschen ohne Arbeit“ entwickelt neue Projektansätze

Netzwerke knüpfen, pflegen und ausbauen – das ist die Aufgabe der „Allianz für Menschen ohne Arbeit“. „Unser Ziel ist es, neue Projektansätze zu entwickeln, die arbeitssuchenden Potsdamerinnen und Potsdamern den Eintritt in den ersten Arbeitsmarkt erleichtern“, sagt Netzwerkkoordinator Dirk Maischack. „Dafür bringen wir Wirtschafts- und Sozialpartner aus der Region mit Vertretern der Agentur für Arbeit und des Jobcenters an einen Tisch.“ Der stellvertretende Leiter der Fachstelle Arbeitsmarkpolitik & Beschäftigungsförderung der Landeshauptstadt Potsdam betreut das Projekt seit April 2012.

Das Netzwerk existiert seit April 2010. Es war gegründet worden, um den negativen Wechselwirkungen zwischen Arbeitslosigkeit und Krankheit zu begegnen und den Austausch zwischen den Ebenen der Arbeits- und Gesundheitsförderung zu vertiefen. Zur ersten Plenumssitzung kamen Vertreter zahlreicher Vereine, Organisationen und Unternehmen. Die Potsdamer Stadtverwaltung, die Agentur für Arbeit, das Jobcenter der Landeshauptstadt und der Verein Gesundheit Berlin-Brandenburg bildeten daraufhin eine Steuerungsgruppe. Diese sollte konkrete Handlungsansätze und Ziele formulieren. Seitdem trifft sich die Allianz mindestens einmal jährlich im Plenum. Parallel läuft die Arbeit in vielen Einzelgesprächen und bei Treffen der Steuerungsgruppe weiter.

Inzwischen engagieren sich auch der Arbeitslosenverband und der Unternehmerverband Brandenburg in der Steuerungsgruppe. Themen sind nach wie vor die aktuellen arbeitspolitischen Entwicklungen und neue Fördermöglichkeiten. Zu den Kooperationspartnern gehören neben der Agentur für Arbeit Potsdam auch das Klinikum Ernst von Bergmann, die Fachstelle Gesunde Landeshauptstadt, einzelne Potsdamer Wirtschaftsunternehmen und die Zukunftsagentur Brandenburg.

Ein Instrument der Netzwerkarbeit ist die „Zukunftskonferenz“. Die jüngste fand im Februar 2013 im Potsdamer Stadthaus statt. „Wir haben dort ein neues und filmisch dokumentiertes Jugendintegrationskonzept vorgestellt. Wirtschafts- und Sozialpartnern wurde verdeutlicht, dass auch scheinbar schwer vermittelbare Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt eine Chance brauchen. Fast alle Jugendlichen konnte damals in Ausbildung gebracht werden und sind es auch heute noch“, sagt Maischack. Wie das ablaufen kann, zeigte die Präsentation eines neuen Projektes für langzeitarbeitslose Jugendliche mit intensivem Betreuungsschlüssel.

Zu den greifbaren Ergebnissen der „Allianz für Menschen ohne Arbeit“ gehört eine Datenbank, in der alle sozialen Projekte der Landeshauptstadt Potsdam aufgelistet sind. „Dieser Überblick bedeutet wichtiges Verweisungswissen für andere Beratungs- und Hilfseinrichtungen. Projekte wie zum Beispiel die Anlaufstelle im Regionalbudget V und die Integrationsbegleitung können davon profitieren“, erklärt Maischack. Eine vom Netzwerk initiierte und durchgeführte Zufriedenheitsbefragung von Langzeitarbeitslosen im Potsdamer Jobcenter brachte Erkenntnisse, die in neue Projektansätze einfließen. So wünschten sich die Befragten vor allem eine persönlichere Betreuung.

Wertvolle Informationen für Arbeitssuchende bietet eine öffentliche Veranstaltungsreihe, die das Netzwerk zusammen mit dem Arbeitslosenverband organisiert hat. Im ersten Quartal 2014 gibt es an vier Terminen „Orientierungshilfen auf dem Weg zum ersten Arbeitsmarkt“. Die Referenten widmen sich darin Themen wie Verschuldung und Mobilität.

Außerdem initiierte die Allianz ein Modellprojekt, das Schülerinnen und Schülern den Übergang in die Ausbildung erleichtern soll. „Viele finden sich trotz vieler guter berufsorientierender Maßnahmen nicht zurecht“, sagt Maischack. Der enge Wissensaustausch mit Partnern aus dem österreichischen Graz und der polnischen Partnerstadt Opole soll helfen, ein gut funktionierendes Mentoren-Programm für Potsdamer  Schülerinnen und Schüler sowie Auszubildenden ins Leben zu rufen. Unterstützt wird das ESF-Modellprojekt „Netzwerk für Chancengerechtigkeit und sozialen Aufstieg im transnationalen Erfahrungsaustausch“ vom Brandenburger Ministerium für Arbeit, Soziales,  Frauen und Familie sowie dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport.

Die „Allianz für Menschen ohne Arbeit“ hat den Grundstein für viele interessante Projekte gelegt und wird über das Ende des Förderzeitraums hinaus wirken. Wer in nächster Zeit auf Radio Potsdam kurzweilige Spots hört, in denen Arbeitssuchende sich vorstellen, hat ein weiteres Ergebnis der Allianz vor sich.

"Ideenwerkstätten Potsdam" - ein Projekt für Gründungsinteressierte ab 28 Jahre

 

Zeitraum: 01.04.2012 – 31.03.2013

Sich selbst besser kennenlernen

Die „Ideenwerkstätten Potsdam“ helfen Gründungswilligen in der Orientierungsphase

„Probieren kann man es ja mal“, hatte sich Juliane Ullmann gesagt, als die Fallmanagerin im Jobcenter ihr die Teilnahme an dem Projekt „Ideenwerkstätten Potsdam“ der Unternehmensberatung ICB (Innovations Center Brandenburg GmbH & Co. KG) vorschlug. „Anfangs war ich sehr skeptisch, aber jetzt bin ich sehr froh, mitgemacht zu haben.“ Die 31-Jährige hatte schon eine konkrete Gründungsidee im Kopf, als sie zur Ideenwerkstatt für gründungsinteressierte Langzeitarbeitslose kam. Nach ihrem Studium der Sozial- und Kulturanthropologie sowie der Kunstgeschichte Südostasiens wollte die gelernte Modedesignerin, die zuvor schon drei Jahre bei einem Brautausstatter in Potsdam gearbeitet hatte, wieder ihrer Leidenschaft für schöne Stoffe und Festkleider nachgehen. „Ich entwerfe und nähe Brautmode aus ökologisch zertifizierten Stoffen“, so ihre Idee. Auch die Umänderung von Brautkleidern in schöne Festkleider könne sie anbieten.

„Eine schöne Idee, für die es in Potsdam auch einen Markt gibt“, glaubt ICB-Geschäftsführer Sebastian Baum, der von April 2012 bis Ende März 2013 für insgesamt vier Ideenwerkstätten verantwortlich war. Gemeinsam mit einer Psychologin und einem Unternehmensberater hat der Betriebswirt und Bildungsmanager die Gruppen mit maximal 13 Gründungswilligen auf eine mögliche Selbstständigkeit vorbereitet. Unter den Teilnehmenden waren Hochschulabsolventen, Ungelernte, eine Köchin, ein Schornsteinfeger, Textildesignerinnen und Heilpraktiker.

„Die meisten waren sehr entschlossen, hatten sich aber noch nicht genügend Gedanken über die Finanzierung gemacht“, so Baum. Kaufmännische Fragen seien oft eine große  Hürde. Die Frage „Wie viel kann und muss ich überhaupt verdienen, um zu überleben?“ sei relativ schnell errechnet, das Ergebnis jedoch oft niederschmetternd. „Höhen und Tiefen sind bei einer Gründungswerkstatt normal“, weiß Baum aus Erfahrung. Für den Einzelnen könne die Ideenwerkstatt auch zu der Erkenntnis führen, dass die Anforderungen zu hoch sind oder  die Geschäftsidee nicht tragfähig ist.

In den Ideenwerkstätten, die eine Vorstufe zum Lotsendienst sind, ging es vor allem darum, sich selbst besser kennenzulernen und realistischer einzuschätzen. Die Werkstätten begannen mit einer Kennlernphase und Standortbestimmung. Danach stand eine Stärken-Schwächen-Analyse der Gründerpersonen auf dem Programm. Unternehmerische Kompetenzen sowie die Übereinstimmung von Selbstbild und Fremdbild waren hier wichtig. Anschließend ging es um die Frage, wie realistisch die eigenen Ziele sind. „Die Teilnehmenden werden nicht nur durch uns, sondern auch durch das Feedback der anderen geschult“, so Baum. Ob eine Geschäftsidee zur Person passt oder auf dem hiesigen Markt ein Alleinstellungsmerkmal hat, könnten die anderen Gründungswilligen oft ganz gut beurteilen. Schließlich befassten sich die potenziellen Gründerinnen und Gründer mit ganz praktischen Fragen wie der Standortsuche, Steuern und Versicherungen und anderen organisatorischen Dingen. Auch die Klärung der Rahmenbedingungen, etwa ob die familiäre Situation und das soziale Umfeld zur Gründung passen, gehörten dazu.

Am Ende der zweiwöchigen Ideenwerkstätten, die jeweils durch 14 Tage selbstständiger Arbeit an der eigenen Gründungsidee unterbrochen waren, stand eine Abschlusspräsentation der Teilnehmenden vor Vertretern der Stadt, des Lotsendienstes und des Jobcenters. Sich vor anderen zu präsentieren, hatten die Teilnehmenden ausgiebig in ihrer Ideenwerkstatt geübt. „Durch die konstruktive und kreative Atmosphäre in der Gruppe konnten die Teilnehmenden ihre Selbstwirksamkeit angstfrei erproben“, sagt Baum.

„Gerade die ersten Tage waren eine aufwühlende Zeit“, sagt Ullmann. Das eigene soziale Umfeld genau zu betrachten und zu überlegen, wie Schwächen in Stärken umgewandelt werden können, habe ihr aber sehr geholfen. Für sie persönliche sei es eine echte Herausforderung gewesen, sich mit der Finanzplanung zu befassen und einen realistischen Zeitplan für die Gründung zu erstellen. Das Feedback, die Möglichkeit, ohne Hemmungen Fragen stellen zu können, und die individuelle Betreuung haben ihr besonders gefallen. Seit August 2013 ist Juliane Ullmann Unternehmerin in Potsdam.

"Sprungfeder II" - ein Projekt für Jugendliche unter 25 Jahre

 

Zeitraum: 01.03.2013 – 28.02.2014

Mit Schwung auf den Arbeitsmarkt

„Sprungfeder II“: Jugendliche profitieren von individueller Förderung

Schlechte schulische Leistungen, fehlende berufliche Orientierung, Schulden, gesundheitliche Probleme, Antriebslosigkeit und verzerrte Selbstbilder -  all dies macht viele sozial benachteiligte Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt so schwer vermittelbar. Mit dem Projekt „Sprungfeder II“ greift der Potsdamer Verein für Arbeitsmarktintegration und Berufsförderung (AIB) die Erfahrungen des Vorläuferprojektes „Sprungfeder I“ auf, um langzeitarbeitslosen Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter 25 Jahren den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern.

Das Projekt mit insgesamt 45 Teilnehmenden erstreckt sich über zwölf bzw. elf Monate. Es hat zeitlich versetzt im März und April 2013 jeweils mit einem achtwöchigen theoretischen Training begonnen, bei dem es um Themen rund um die Arbeitswelt, Lebensgestaltung und Grundlagenbildung ging. „Nach den Erfahrungen aus „Sprungfeder I“ wurde dieser theoretische Block ausgebaut, um lange nicht genutzte Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aufzufrischen“, so Projektleiterin Almuth Püschel. Schwächen im Lesen, Schreiben und Rechnen erschweren vielen Jugendlichen den Weg ins Berufsleben. „Einige haben aber auch trotz guter Zeugnisse keinen Ausbildungsplatz gefunden.“ Mangelnde persönliche Reife fehlende Umgangsformen und Selbstdisziplin seien oft schuld daran. Themen wie Höflichkeit, Verhaltens- und Kommunikationsregeln sowie gepflegtes Auftreten stehen deshalb neben Qualifizierungseinheiten in Deutsch und Mathematik auf dem Stundenplan.

„Das Herzstück des Projektes war und ist eine intensive individuelle Betreuung, bei der es darum geht, mit den Jugendlichen die passgenaue Hilfeleistung zu entwickeln“, sagt Püschel. Die drei Projektmitarbeiter führen mit den Teilnehmenden intensive Einzelgespräche und bieten Hilfestellung in allen Lebensbereichen an. Es bedürfe viel Feingefühl und Takt, um ein stabiles Vertrauensverhältnis aufzubauen. Viele von ihnen bringen eine Vielzahl von Problemen mit, die geballt eine unselige Allianz darstellen“, so die Projektleiterin. „Schulden oder psychische Probleme offenbart man selten im ersten Gespräch.“ In Zusammenarbeit mit den Jugendlichen werde eine individuelle Strategie entwickelt und vereinbart. „Dank der Kenntnis entsprechender Hilfsdienste und unserer Kooperationspartner können wir zeitnah Hilfsangebote unterbreiten.“

Zur beruflichen Orientierung und zum Treffen von Berufswahlentscheidungen setzt das Team im AIB e.V. auf Praktika und Probearbeiten, die sich an die theoretischen Schulungen anschließen. „Das ist eine profunde Absicherung der Berufswahlentscheidung“, sagt Püschel. Das „Sprungfeder“-Team vermittelt die Orientierungspraktika in unterschiedlichste Branchen und weist die Unternehmen sowohl auf die Schwächen als auch auf die Stärken der Jugendlichen hin. Auch Betriebsbesichtigungen und Exkursionen sollen beim Einstieg ins Arbeitsleben helfen. „Sie ermöglichen den Jugendlichen einen Blick über den Tellerrand. Viele sind aus ihrem Kiez noch nie herausgekommen“, hat Püschel festgestellt.

In Phasen, in denen sich Teilnehmende nicht in Arbeit, Ausbildung oder Praktikum befinden, nehmen sie an einem Gemeinwohlprojekt teil: Die Teilnehmenden bereiten gemeinsam eine Präsentation zum Thema „Potsdam – eine Stadt zum Leben?“ vor. „So kommt es gar nicht erst zu Durchhängern und die Jugendlichen qualifizieren sich gleichzeitig weiter“, sagt Püschel. „Vor allem das selbstständige Arbeiten ist für die meisten ungewohnt.“ Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2014 auf der Website des AIB e.V. zu sehen sein. Ziel dieses an Problemen der Stadt orientierten Projektes ist es, die Jugendlichen für ihre Stadt zu interessieren und ein Gefühl der Verbundenheit mit der Stadt aufzubauen.

„Um die Jugendlichen in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln, fordern und fördern wir sie“, sagt Püschel. Das funktioniere unter anderem dank der guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Jobcenter der Landeshauptstadt Potsdam, das die beruflichen Qualifizierungen in vielen Fällen finanziere. Der 24-jährige Chris Arnold etwa hatte zwar eine feste Vorstellung von seiner beruflichen Zukunft, fand aber nach seiner Ausbildung als Dreher einfach keine Festanstellung. In Gesprächen wurde deutlich, dass eine Weiterbildung zum CNC-Fräser zwar teuer ist, seine Berufschancen jedoch erheblich steigern würde. Nach Verhandlungen, des „Sprungfeder“-Teams mit dem Jobcenter finanzierte dieses die viermonatige Weiterbildung, die Arnold sofort antrat. „Der Betrieb, in dem ich die Weiterbildung mache, hat mir signalisiert, dass ich dort sehr gute Aussichten auf einen festen Arbeitsplatz habe“, sagt Arnold. „Die Hilfe kam so schnell – das war einfach toll.“

Nicht wenige Jugendliche mussten sich von ihren unrealistischen Vorstellungen verabschieden. „Den hochbezahlten Traumjob gibt es mit schlechten Noten nun einmal nicht“, sagt Püschel. In der Regel rät das Team den Jugendlichen zur Ausbildung. „Die ist für eine nachhaltige Integration in den ersten Arbeitsmarkt nach wie vor das Entscheidende.“ Aber nicht alle seien dazu intellektuell in der Lage. Das Ziel des Projektes ist, mindestens 30 Prozent der teilnehmenden Jugendlichen zu einem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu verhelfen. Püschel ist optimistisch: „Das werden wir auf jeden Fall überschreiten.“

"Jetzt erst recht! 50+" - ein Projekt für Menschen über 50 Jahre

 

Zeitraum: 01.04.2013  - 28.02.2014

Die Menschen für etwas begeistern

Das Projekt „Jetzt erst recht! 50+“ ermuntert ältere Arbeitssuchende zu mehr Aktivität

„Soziale Teilhabe ist der Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben in unserer Gesellschaft.“ Auf diesem Grundsatz baut das Projekt „Jetzt erst recht! 50+!“ der Gesellschaft für berufliche Aus- und Weiterbildung mbH (GBA) in Potsdam auf. Das elfmonatige Projekt hat im April 2013 begonnen. Das Ziel ist es, möglichst vielen der Teilnehmenden zwischen 50 und 63 Jahren zur Rückkehr ins Arbeitsleben zu verhelfen. „Viele halten sich für nicht mehr vermittelbar“, sagt Projektleiter Michael Kunz. Bei manchen sei das aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich der Fall. Trotzdem profitieren alle 30 Teilnehmenden von dem Projekt, ist sich der Soziologe sicher.

Sein Kollege Oliver Stichert sieht das genauso: „Viele Langzeitarbeitslose sind nicht mehr in ihr soziales Umfeld integriert. Sie kennen vieles nicht und nehmen weder soziale noch kulturelle Angebote wahr.“ Stichert, Kunz und ihre Kollegin Ursula Grothe ermuntern die Gruppe deshalb zu zahlreichen Aktivitäten und Exkursionen. „Viele waren noch nie im Volkspark“, hat Stichert festgestellt. Auch Sanssouci, der Ruinenberg, Schloss Marquardt, die Gedenkstätte Lindenstraße, eine Besichtigung der Feuerwache und eine Führung beim Rundfunk Berlin-Brandenburg gehören zum Programm. Die Gruppe lernt auf diese Weise das vielseitige Angebot der Stadt kennen und schätzen. Auch die körperliche Aktivität – die Exkursionen werden zu Fuß unternommen – tue allen sichtlich gut. Ein Besuch der Berliner Museumsinsel zeigte allen, wie gut das Zentrum Berlins mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. „Ich bin zwar mobil, aber nach Berlin fahre ich nicht“, habe es vorher oft geheißen. „Zu sehen, dass Arbeitsplätze in Berlin gut erreichbar sind, erhöht die Chancen auf einen Job“, sagt Stichert.

Viele der Teilnehmenden begegneten dem Projekt anfangs sehr skeptisch. „Nach einer langen Maßnahmen-Biografie waren viele desillusioniert“, sagt Stichert. Inzwischen ist die Skepsis bei fast allen der Begeisterung gewichen. Das Programm, bestehend aus Standortbestimmung, Strategieentwicklung und Qualifizierungsbausteinen sowie Einzel- und Gruppencoachings zur Vorbereitung auf Bewerbungssituationen, hat dazu beigetragen, dass sich die Teilnehmenden wieder für etwas begeistern können. Auch private Problemlagen wie Verschuldung, Sucht oder familiäre Probleme stehen der Bemühung um Arbeit oft im Wege. „Auch hier versuchen wir zu helfen“, sagen Kunz und Stichert.

Das Projekt „Fußwege“, die Zuarbeit für ein Wegekonzept für die Landeshauptstadt, schult die Teamarbeit und Selbstorganisation. Das Projekt „Stadt-Teilchen“ ermöglicht den Kontakt zu Zeitzeugen und die Auseinandersetzung mit der Geschichte Potsdams. Die Projektteilnehmenden sammeln Bildmaterial und Erinnerungen, führen Interviews Potsdamer und machen die Ergebnisse ihrer Arbeit auf einer Internet-Plattform der Öffentlichkeit zugänglich.

Praktika spielten für die Vermittlung auf den Arbeitsmarkt ebenfalls eine wichtige Rolle. Vier Teilnehmer arbeiteten mehrere Monate beim Förderverein Winzerberg. Sie erprobten sich dort bei Mauererarbeiten und bauten Holzspaliere für die Weinreben. Zwei weitere machten Praktikum im Garten- und Landschaftsbau, stellten dort aber fest, dass sie den Belastungen der Arbeit nicht gewachsen waren. „Auch das ist ein Ergebnis, herauszufinden, welche Arbeit man noch schaffen kann und welche nicht“, so Kunz.

Teilnehmerin Rita Krause ist gelernte Bäckereifachverkäuferin. Wegen einer Behinderung am Fuß, die sie seit einem Unfall vor vier Jahren hat, ist sie schwer vermittelbar. Im Projekt testete die 58-Jährige ihre Belastbarkeit. „Eine Arbeit im Seniorenheim kann ich mir auch gut vorstellen“, sagt sie. Achtstündige Schichten schaffe sie aber nicht mehr, sie suche deshalb einen Teilzeit-Job. „Es gab Tage, an denen ich dachte, dass bringt sowieso alles nichts“, sagt sie. Die Exkursionen hätten ihr aber gut getan und auch der PC-Kurs habe ihr geholfen.

„Die angestrebte Vermittlungsquote von 20 Prozent auf den ersten Arbeitsmarkt werden wir nicht erreichen“, sagt Kunz. „Viele Arbeitgeber achten nur auf das Alter der Bewerber und nicht auf deren Erfahrung.“

Um Menschen vor persönlicher Resignation zu schützen, sei das Ehrenamt oft eine gute Alternative. Eine Teilnehmerin, die jahrelang Hausfrau war und sehr gern näht, sei inzwischen regelrecht aufgeblüht. Sie näht sie im „Haus der Begegnung“ in der Waldstadt regelmäßig für die Theatergruppe und genießt die Anerkennung, die sie dort erfährt. „Die hängenden Schultern sind weg“, sagt Stichert. Das fiel auch den übrigen Projekt-Teilnehmenden auf. „Natürlich wünschen sich fast alle einen Verdienst. Viele haben aber auch die Entstehung neuer Kontakte und den Zuspruch als Kapital für sich entdeckt“, sagt Kunz. Das Ziel, die Teilnehmenden (wieder) für etwas zu begeistern, scheint erreicht zu sein: Die Fehlzeit bei dem Teilzeit-Projekt sei sehr niedrig, so Kunz. Und: „Es gibt bereits viele Anfragen nach einem Folgeprojekt.“

"Tandem - ein Generationsprojekt für Arbeit und Ausbildung" - ein Projekt für Jung und Alt

 

Zeitraum: 01.05.2013 – 28.02.2014

Jung und Alt neue Perspektiven aufzeigen

Erfolg durch Erfahrungsaustausch:  „Tandem II“ setzt bewährtes Prinzip fort

Spontanität, Neugier und frische Computerkenntnisse auf der einen Seite – Lebenserfahrung, Gelassenheit und eine gute Allgemeinbildung auf der anderen Seite: Wenn das gegenseitige Nehmen und Geben funktioniert, führt das zu einem bereichernden Austausch zwischen den Generationen. Nach den positiven Erfahrungen des Vorjahres hat die Urania Schulhaus GmbH das „Tandem“-Projekt fortgeführt. Unter dem Titel „Tandem – ein Generationenprojekt für Arbeit und Ausbildung“ erhalten 50 Langzeitarbeitslose ein Jahr lang Unterstützung bei der Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Das Projekt richtet sich in erster Linie an Erwerbslose unter 25 und über 50 Jahren.

„Nach unseren Erfahrungen versprechen gezielte Unterstützung- und Begleitangebote, die sich nach den individuellen Erfordernissen richten, am meisten Erfolg“, sagt Projektleiter Albrecht Teichert. Der 57-Jährige mit 30 Jahren Berufserfahrung im Bauwesen führt das Projekt gemeinsam mit Eurydike Fischer fort. Die 35-jährige Sozialpädagogin betont, wie wichtig umfassende Unterstützung für den beruflichen Weg ist. „Wir müssen die Leute im Alltag stabilisieren“, hat sie im Vorgänger-Projekt gemerkt.

Fischer und Teichert führen deshalb in den ersten drei Monaten des Projektes intensive Einzelgespräche. Sie spüren mit den Projektteilnehmenden Hürden im Alltag auf und suchen gemeinsam nach sinnvollen beruflichen Perspektiven. Kontakte zu Firmen in den Berufsfeldern Holz, Farbe, Trockenbau, Bau, Lager und Logistik, Elektronik, Kfz, Sekretariat, Gebäudereinigung und Verkauf helfen dabei. Hier können die Teilnehmenden in der sogenannten Aktivierungs- und Motivierungsphase Praktika machen oder auf Probe arbeiten. Teichert ist optimistisch, die Zielsetzung, mindestens 30 Prozent der Projektteilnehmenden in Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln, zu übertreffen.

Dank des Projektes haben sich manche der Teilnehmenden erfolgreich auf eine neue berufliche Richtung eingelassen. Eine gelernte Schaufensterdekorateurin, schon 20 Jahre ohne Arbeit, wollte eigentlich in der Wellness-Branche arbeiten. „Sie hat eine ziemlich große Klappe, aber auch eine sehr herzliche Art“, erzählt Fischer. Dem Team gelang es, sie für ein Praktikum im Pflegebereich zu motivieren. „Die Praktikumsstelle in Berlin war derart begeistert von ihrem Umgang mit dementen alten Menschen, dass sie ihr zuerst einen Ausbildungsvertrag und nun eine Festanstellung angeboten haben.“

Das Wunschdenken der Teilnehmenden und die Überschätzung der eigenen Fähigkeit seien oft eine große Hürde. „Fremd- und Selbstwahrnehmung liegen manchmal sehr weit auseinander“, so Fischer. In Gesprächen provoziert sie deshalb gern, um zu sehen, was hinter der Maske steckt. Auch wenn es ernst werde und eine Vertragsunterzeichnung bevorsteht, kommen bei manchen große Versagensängste ans Licht. „Das Vertrauensverhältnis zu den Betreuern ist deshalb sehr wichtig. Das Gefühl, dass wir im Notfall eingreifen und helfen, nimmt oft viel Druck aus der Situation“, sagt Fischer.

Den Abschluss des Projektes bildet der Übergang in Arbeit oder Ausbildung. In dieser letzten Phase findet auch stadtbezogene Projektarbeit statt. Stadtexkursionen sind während der gesamten Projektzeit an der Tagesordnung, um die Mobilität zu steigern und die Orientierung in der Stadt zu verbessern. Bewegung soll auf allen Ebenen stattfinden. Deshalb standen auch ein Yogakurs und eine Ernährungsberatung auf dem Programm. Der 52-jährige Thomas Lüscher, von Beruf Maschinenanlagenmonteur, hat sich dank des Projektes zu einer Weitbildung im Bereich Lagerlogistik entschieden. „Für mich war es am schönsten, wieder etwas Abwechslung in mein Leben zu bringen“, sagt er. „Ich habe alles mitgemacht.“

Bei „Tandem II“ herrschte großes Interesse an Kreativangeboten und Handarbeit. „Das haben wir gleich umgesetzt“, berichtet Fischer. Warum? Sie zeigt auf ein funkelndes Herz. In stundenlanger Arbeit hat eine Teilnehmerin winzige, bunte Pailletten mit Stecknadeln auf den Styroporkörper gesteckt. „Das weckte den Ehrgeiz, schult die Konzentrationsfähigkeit und führt zu einem Erfolgserlebnis“, erklärt Fischer. Die Gruppe gibt sich gegenseitig Hilfestellung und man kommt schnell miteinander ins Gespräch.

"futuro" - ein Projekt für erwerbsfähige Arbeitslose mit psychischen Vorerkrankungen

 

Zeitraum: 01.05.2013 – 31.03.2014

Rückkehr in die Normalität

Mit „Futuro“  knüpfen die AKTIVA Werkstätten am Erfolg des Projektes „Reboot“ an

„Rehabilitation durch Arbeit“ – so lautete schon das Motto des Projektes „Reboot“, mit dem die gemeinnützigen AKTIVA Werkstätten im Oberlinhaus erwerbsfähige Langzeitarbeitslose mit psychischen Vorerkrankungen in den regionalen Arbeitsmarkt integriert haben. Das Team von Projektleiter Detlef Schröder bringt die gemachten Erfahrungen nun in das Projekt „Futuro“ ein, das von Mai 2013 bis März 2014 läuft. Kooperationspartner ist auch hier das  Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ZPPP) am Klinikum Ernst-von-Bergmann.

Wie das Vorläufer-Projekt baut „Futuro“ auf dem Prinzip ‚erst platzieren, dann qualifizieren‘ auf, um den Teilnehmenden so früh wie möglich Zugang zur realen Arbeitswelt zu verschaffen. Je nach Belastbarkeit der Teilnehmenden steigern sich die Arbeitszeiten von zwei auf zunächst vier und dann sechs Stunden täglich. Fast alle der angefragten Potsdamer Unternehmen eröffnen den Teilnehmenden eine berufliche Chance, so die Erfahrung der Jobcoaches Simone Neubauer, freiberufliche Personalvermittlerin, und Ute Raddatz vom Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft, Regionalverband Potsdam. Durch das Arbeiten auf Probe bekommen Vorgesetzte und Kollegen einen Eindruck von Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit.

Die Jobcoaches weisen aber auch darauf hin, dass es zu Rückfällen in die psychische Erkrankung kommen kann. „Depressionen, Psychosen, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen sind selten für immer verschwunden“, sagt Neubauer. Allen Beteiligten müsse klar sein, dass die Teilnehmenden ganz anders auf Stress oder Konflikte reagierten als psychische stabile Menschen. Die Arbeitstrainierinnen kümmern sich intensiv um die individuellen Probleme und Wünsche der insgesamt 25 Teilnehmenden, die über das Potsdamer Jobcenter zum Projekt kamen. Sie ermitteln mit ihnen Profile und Wünsche, um dann passgenaue Beschäftigungsmöglichkeiten bei Potsdamer Unternehmen zu akquirieren.

„Reboot hat uns gezeigt, dass die psychischen Probleme der Teilnehmenden oft viel stärker sind als angenommen“, so Neubauer. „Es wäre hilfreich, wenn der psychologische Dienst der Agentur für Arbeit, auch den Jobcentern zugeordnet wäre, so Rüdiger van Leeuwen, Geschäftsführer der Aktiva Werkstätten. Ein Teilnehmender hatte sich sechs Jahre lang von einer Maßnahme zur nächsten gehangelt, bis endlich seine psychischen Probleme als wichtiger Grund für sein ständiges Scheitern auf dem Arbeitsmarkt erkannt wurden. „Viel zu spät“, findet van Leeuwen. Um schneller herauszufinden, warum jemand wiederholt im Arbeitsleben scheitert, hat das Team einen Wirtschaftspsychologen ins Projekt geholt, der die Leistungsfähigkeit der Teilnehmenden in Einzelgesprächen testet und gegebenenfalls  psychologische Hilfestellung gibt.

„Es gibt für die Projektteilnehmer viele Höhen und Tiefen“, sagt Schröder. 14 der 25 Teilnehmenden haben gemerkt, dass sie gesundheitlich noch nicht stabil genug sind für eine Arbeitsaufnahme. Auch das sei ein Ergebnis, so Schröder. „Es taucht in der Statistik aber nicht als Erfolg auf.“ Das ursprünglich formulierte Ziel, mindestens 20 Prozent der Projektteilnehmenden in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln und weitere 20 Prozent in öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse oder ehrenamtliche Tätigkeit zu bringen, sei bei weitem nicht erreicht. „Das Ziel von „Futuro“ ist, für jede Person, das Optimale zu finden. Das kostet Zeit und die wird als Erfolgsfaktor oft unterschätzt“, ergänzt van Leeuwen.

Selbstbild und Fremdbild lägen oft weit auseinander. Vielen Teilnehmenden gelinge es nicht, sich ihre Defizite einzugestehen. „Das geht so weit, dass sie auf einen vermeintlichen Traumjob mit Kundenkontakt bestehen, und die Flucht ergreifen, sobald es ernst wird“, sagt Schröder. Es gebe aber auch viele positive Beispiele von Teilnehmenden, die es schaffen, sich einen Arbeitsplatz zu erarbeiten. So hat es eine Teilnehmerin nach einem Praktikum im Einzelhandel geschafft, dort einen festen Arbeitsvertrag zu bekommen.

"REA - Ressourcen aktivieren und anwenden" - ein Projekt für Langzeitarbeitslose mit Migrationshintergrund

 

Zeitraum: 01.03.2013 – 31.03.2014

Gutes Deutsch erhöhte die Chancen

Im Projekt „REA“ bereiten sich Migranten auf den deutschen Arbeitsmarkt vor

Russland, Kasachstan, Ukraine, Türkei, Irak, Iran und Brasilien – die Herkunftsländer der Teilnehmenden des Projektes „REA – Ressourcen aktivieren und anwenden“ ergeben eine bunte Mischung. Zwei weitere Teilnehmer des Projektes, das die Berlin-Brandenburgische Auslandsgesellschaft (BBAG e.V.) in Potsdam-Babelsberg anbietet, stammen aus Afrika. Die meisten von ihnen sind schon viele Jahre in Deutschland, haben den Einstieg auf den Arbeitsmarkt trotz Arbeitserlaubnis aber noch nicht geschafft, so Projektleiter Bernd Stiebitz. Zusammen mit seiner Kollegin Monika Kandur unterstützt er 26 langzeitarbeitslose Migrantinnen und Migranten unter 25 Jahren bei der Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz. „Mangelnde Sprachkenntnisse und fehlendes Wissen über den hiesigen Arbeitsmarkt sind die größten Hürden“, sagt der 60-Jährige.

Das Projekt startete im März 2013 und erstreckt sich über einen Zeitraum von 13 Monaten. Im ersten Vierteljahr vertieften die Teilnehmenden an vier Tagen pro Woche ihre Deutschkenntnisse. Da sich fast alle in den Integrationskursen Grundkenntnisse angeeignet hatten, stand berufsbezogener Deutschunterricht auf dem Programm. Die Teilnehmenden übten Vorstellungsgespräche auf Deutsch, lernten das Vokabular für bestimmte Berufsfelder und erstellten ihre Bewerbungsunterlagen am PC.

Begleitet wurde diese Phase intensiven Deutschlernens von einem Workshop zur Erstellung eines Kompetenzprofils. „In einem intensiven Coaching erarbeiteten wir, welches Berufsfeld sich für wen am besten eignet. Dann vermittelten wir die Teilnehmenden möglichst schnell in Praktika, damit sie Berufserfahrung sammeln können“, sagt Stiebitz. „Manche merkten, dass sie sich weiter qualifizieren müssen, um ihre Chancen in ihrem Wunschberuf zu erhöhen. Wir unterstützen sie dabei, die erforderliche Finanzierung zu erhalten.“ Hilfe bietet das Team auch bei der Frage, welche ausländischen Schul- und Studienabschlüsse in Deutschland anerkannt werden, wo sie übersetzt und beglaubigt werden müssen.

Nataliya Karmazin, gelernte Bürokauffrau und studierte Betriebswirtin aus der Ukraine, bildete sich in doppelter Buchführung fort und absolvierte einen dazu passenden Software-Kursus. Zurzeit ist die 34-Jährige, die seit elf Jahren in Deutschland lebt, im Rahmen eines Praktikums für die BBAG tätig und kümmert sich dort um die Finanzbuchhaltung. „Das Team ist super. Alle sind nett und sehr hilfsbereit“, schwärmt sie. Auf Anraten einer Freundin fand sie zu dem Projekt. „Ich hatte keine Berufserfahrung und wollte diese Chance nutzen.“ Die BBAG möchte Karmazin noch im März 2014 einstellen.

„Die meisten Teilnehmenden sind sehr interessiert und geben ihr Bestes“, sagt Stiebitz. „Wir ermutigen sie auch zum selbstständigen Arbeiten.“ Dazu gehöre es zum Beispiel, sich wichtige Informationen über den Arbeitsmarkt allein zu beschaffen oder eigenständig im Internet zu recherchieren. Viele der Teilnehmenden kamen über das Jobcenter zum Projekt. Einige seien durch die vielen bereits durchlaufenen Maßnahmen „projektgeschädigt“, wenig motiviert und fühlten sich durch das Angebot unter Druck gesetzt, so Stiebitz. Um neue Wege aufzuzeigen, hat er mit seiner Kollegin Gespräche mit Migranten organisiert, die den Einstieg ins Erwerbsleben bereits geschafft haben.

Von den 26 Teilnehmenden haben inzwischen zwei eine Berufsausbildung begonnen, eine dritte Teilnehmerin bereitet sich an einem Oberstufenzentrum auf das Abitur vor. „Wir haben drei Pädagogen in eine Maßnahme speziell für diese Berufsgruppe vermittelt“, sagt Stiebitz. Er hält die Vermittlung von 30 Prozent aller Projektteilnehmenden in Ausbildung oder Arbeit für realistisch. Einem brasilianischen Bau-Ingenieur mit deutscher Ehefrau und vier Kindern, der nach vielen Absagen einen interessierten Arbeitgeber in Süddeutschland  fand, machten Kandur und Stiebitz Mut zur Veränderung: Derzeit absolviert er ein Praktikum in einem Architekturbüro am Bodensee und hat eine realistische Chance auf Übernahme. Wenn alles klappt, zieht bald die gesamte Familie nach Süddeutschland.

"Jobchance" - ein Projekt für Alleinerziehende und Junge Eltern

 

Zeitraum: 01.03.2013 – 31.01.2014

Eine Chance für Eltern und Kinder

Das Projekt „Jobchance“ hilft arbeitslosen Alleinerziehenden und jungen Eltern

„Wir wünschen uns zufriedene Menschen mit Kindern, möglichst noch mit einem Arbeitsplatz“, sagt Kerstin Brose, Leiterin des Projektes „Jobchance“ im Babelsberger Jugendkultur- und Familienzentrum Lindenpark. Gemeinsam mit Gönna Gräve arbeitet die Sozialpädagogin seit März 2013 an der sozialen Eingliederung langzeitarbeitsloser Alleinerziehender und junger Eltern unter 25 Jahren. Das Projekt der SPI Ausbildung & Qualifizierung Berlin-Brandenburg gGmbH läuft bis Ende Januar 2014 und steht 20 Teilnehmenden offen. „Durch unsere Angebote in der Kinder-und Familienarbeit kommen wir mit vielen jungen Eltern ins Gespräch und kennen deren Probleme“, ergänzt Lindenpark-Chef Andreas von Essen. Die Motivation, das Projekt durchzuführen, sei deshalb eine doppelte: „Wir wollen junge Eltern und deren Kinder stärken.“

Die „Jobchance“ beginnt mit einer Ist-Analyse, bei der alle Teilnehmenden in ihrem System aus Familie und Umwelt betrachtet werden. Die Projektmitarbeiterinnen erarbeiten gemeinsam mit den Teilnehmenden ihre Ziele und machen eine Bestandsaufnahme der persönlichen Hürden und Probleme. „Vertrauen ist ganz wichtig“, betont Brose, die ebenso wie ihre Kollegin, einen partnerschaftlichen Umgang mit den Teilnehmenden pflegt. „Wir sind sehr flexibel und gehen auf konkrete Bedürfnisse und Probleme ein.“

Viele von ihnen sind sehr jung Eltern geworden und haben wegen ihrer neuen familiären Situation ihre Berufsausbildung abgebrochen. Zwei junge Frauen hatten ihr Studium abgebrochen, um ihrer neuen Aufgabe als Mutter gerecht zu werden. „Ohne familiäre Unterstützung ist das sehr schwierig“, sagt Brose. Rund die Hälfte hat zwar eine abgeschlossene Berufsausbildung, kehrt aber nicht mehr in den erlernten Beruf zurück, weil die Arbeitszeiten nicht mehr zur neuen Lebenssituation passen.

In den ersten drei Projektmonaten standen die Themen Alltagsorganisation und Erziehungskompetenz sowie das Training sozialer Kompetenzen im Vordergrund. Gruppenarbeit, Einzelgespräche,  individuelle Coachings und eine PC-Schulung füllten die 20-Stunden-Woche aus. Die Verknüpfung von Theorie und Praxis erfolgte in den „Inhouse“-Praktika und in den bis zu drei Monaten dauernden betrieblichen Praktika. „Im günstigsten Fall resultieren aus diesen neuen beruflichen Kontakten Ausbildungs- oder Arbeitsverträge“, sagt Brose. Der Lindenpark bietet Tätigkeiten in den Bereichen Veranstaltungstechnik, Hausmanagement, Büro, Kulturarbeit,  Gastronomie und Soziales. Auch an die Kinder der Teilnehmenden wurde gedacht: Sie können die Angebote des Bildungs- und Kulturkonzeptes für Kinder auf dem Lindenparkgelände nutzen.

Die Projektmitarbeiterinnen bieten Begleitung und Unterstützung im Alltag an. Sie helfen zum Beispiel bei der Suche nach Kita- und Hortplätzen. „Häufig ist  das Leben junger Eltern oder Alleinerziehender durch Vereinsamung, Frustration, Überforderung im Umgang mit den Kindern und deren Erziehung geprägt“, sagt Brose. Fehlende soziale Netzwerke und Perspektivlosigkeit verschärfen die Situation: „Bevor wir gemeinsam berufliche Perspektiven entwickeln können, müssen wir die Teilnehmenden zunächst bei der Bewältigung ihrer Probleme unterstützen.“

Mangelndes Selbstwertgefühl, Verschuldung, Schwierigkeiten in der Partnerschaft und psychische Probleme erschweren die Arbeitsaufnahme. „Oft fehlen Strategien und die Erkenntnis, was das eigentliche Problem ist“, so Brose. Depressive Teilnehmende konnten die beiden Frauen zur Therapie überreden. Andere begleiteten sie zur Schuldnerberatung oder zum Scheidungsanwalt. Als sehr hilfreich erwiesen sich auch die regelmäßigen Gesprächsangebote mit einer Psychologin, die im Rahmen des Projektes einmal wöchentlich den Kursus „Starke Eltern – starke Kinder“ anbietet.

Das Projekt hilft den Teilnehmenden dabei, ihre persönlichen und sozialen Kompetenzen zu stärken, Tagesstrukturen aufzubauen und einzuhalten, Schlüsselkompetenzen zu erwerben oder auszubauen, um sich auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten. Praktika sind ein wichtiger erster Schritt – so auch für die Teilnehmerin Beatrix Kerberg. Die 39-jährige alleinerziehende Mutter dreier Kinder möchte im sozialen Bereich arbeiten. Trotz Abiturs und einer kaufmännischen Ausbildung für Bürokommunikation gelang es ihr aus privaten Gründen nicht, beruflich Fuß zu fassen. Mit einem Praktikum und ehrenamtlicher Arbeit für den Verein „Kultür“ hofft sie auf einen Neuanfang. „Hier wird vieles individuell und unkonventionell gemacht“, lobt sie das Projekt.

Eine besondere Herausforderung ist die bunte Zusammensetzung der Gruppe. „Hier treffen in Bezug auf Bildungshintergrund und Lebenseinstellung Welten aufeinander“, sagt Brose.  Mit dem Erfolg des Projektes ist sie sehr zufrieden: „Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden haben über die „Jobchance“ eine Ausbildung begonnen, eine Arbeit gefunden, engagieren sich ehrenamtlich oder holen ihren Schulabschluss nach.“ Die dadurch frei gewordenen Plätze konnten leider nicht alle rechtzeitig mit Nachrückern besetzt werden. Lindenpark-Chef von Essen hat dafür wenig Verständnis: „Das ist ein Jammer, denn wir bieten wertvolle Hilfe an.“

"Neustart" - ein Projekt für Gründungsinteressierte ab 28 Jahre

 

Zeitraum: 01.05.2013 – 30.03.2014

Selbstständigkeit beginnt beim Selbst

In der Ideenwerkstatt „NeuStart“ überprüfen Gründungswillige kritisch ihr Vorhaben

Unter welchen Voraussetzungen kann ich erfolgreich ein Unternehmen gründen? Hat meine Geschäftsidee auf dem Markt eine Chance? Bin ich persönlich den Herausforderungen einer Selbstständigkeit gewachsen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich die Teilnehmenden des Projektes „NeuStart. Gründen in Potsdam“. Die Ideenwerkstatt für gründungsinteressierte Potsdamerinnen und Potsdamer ab 28 Jahren, die mindestens ein Jahr arbeitslos waren, hat im Mai 2013 begonnen. Betriebswirt André Hohenstein, Psychologin Nadine Meyer und Coach Manuela Zapf von der Unternehmensberatung Hohenstein, Meyer & Zapf GbR bieten in vier aufeinanderfolgenden Workshops professionelle Hilfe zur Selbsthilfe an.

Jeder Workshop besteht aus zehn Tagen Training und einer Projektwoche. Maximal 13 Gründungsinteressierten können pro Workshop teilnehmen. Die Einladung dafür erhalten sie vom Potsdamer Jobcenter: In der Regel folgt ein Gespräch bei der Projektanlaufstelle für das Regionalbudget V, um falschen Vorstellungen und Erwartungen vorzubeugen. „Unser Angebot ist keine Verpflichtung, sondern eine Chance“, betont Hohenstein. „Viele Teilnehmer zeigen am ersten Tag große Zurückhaltung, weil sie Angst vor Sanktionen haben.“ Die anfängliche Skepsis weiche in der Regel aber schnell. „Etwa die Hälfte der Teilnehmer bleibt bis zum Schluss.“

In den Workshops im Bürgerhaus am Schlaatz kommt eine bunte Mischung Gründungswilliger zusammen: Vom Autodidakten bis zum Hochschulabsolventen ist alles dabei. Die Gründungsideen reichen von Tätigkeiten im Gesundheitsbereich, im Einzelhandel und im Kunsthandwerk bis hin zum Kaffeeröster. Zunächst lernen sich die Teilnehmenden kennen, sprechen über ihre Erwartungen und Motivation. Auf dem Programm steht die  Auseinandersetzung mit der aktuellen Lebenssituation, mit der eigenen Geschäftsidee und mit der eigenen Person. „Nicht jeder ist eine Gründerpersönlichkeit“, so Hohenstein. Weitere wichtige Inhalte sind der Sinn und Aufbau eines Businessplans, Marketing, die Betrachtung von Chancen und Risiken sowie von Finanzen und Steuern. Die Projektwoche ist vor allem der Marktanalyse gewidmet, die die Teilnehmenden eigenständig erarbeiten.

Fast alle Projektteilnehmenden kommen mit konkreten Gründungsideen. „Viele wollen ihr Hobby zum Beruf machen“, so Hohenstein. Die größten Hürden seien schlechtes Zeitmanagement, mangelnde Risikobereitschaft, fehlendes Selbstvertrauen, zu geringes Eigenkapital und unrealistische Planung. Hohenstein scheut sich nicht davor, in den Workshops Emotionen zu wecken, um den Teilnehmenden und ihren Ideen auf den Zahn zu fühlen. Seine Erfahrung: „Der Erkenntnisprozess setzt im Laufe der Veranstaltung ein.“

Eines ist dem „NeuStart“-Team sehr wichtig: „Keiner muss gründen, sondern soll prüfen, ob die Selbstständigkeit für einen selbst eine echte berufliche Chance bietet.“ Die realistische Einschätzung bezüglich der Umsetzung des eigenen Gründungsvorhabens steht an erster Stelle. Wenn dabei herauskommt, dass ein Angestelltenverhältnis viel passender wäre, sei das auch in Ordnung, findet Hohenstein. Für Alleinerziehende stellt die Frage der Kinderbetreuung oft ein großes Problem dar. Aber auch private Insolvenzen und andere private Probleme hindern die Teilnehmenden oft an der Gründung. „Viele Teilnehmer haben in ihrer beruflichen Biografie viel Ablehnung erlebt. Wir wollen auch Lebensmut und Motivation vermitteln“, so  Hohenstein.

„NeuStart“ dient vor allem der Orientierung. Die Planung und Begleitung bis zur tatsächlichen Gründung übernimmt der regionale Lotsendienst der Landeshauptstadt Potsdam. Den Abschluss bildet die Selbstpräsentation am letzten Tag, zu der auch Vertreter des Jobcenters, des Lotsendienstes und der Stadt kommen. Hohenstein: „Das ist eine hervorragende Übung und baut die Hemmschwelle vor weiteren Unterstützungsmöglichkeiten ab.“